Es ist Anders!
Heute möchte ich Dich mitnehmen in eine andere Welt. Eine Welt die für uns so fremd ist, und unsere manchmal doch so rosarote Ponyhof-Realität sicher für einige Augenblicke anhält.
Indien ist wunderschön!
2019 war ich in Indien und durfte wunderschöne Marwari Pferde von Riding in India fotografieren. Wir waren viel unterwegs und ich lernte viel über den hiesigen Polosport, die verschiedenen Rassen aber auch sehr viel über das Land, die Menschen, die Religion, die Politik und die Kultur.
Ob ich einen Kulturschock erlitten habe? Ich denke, ja. Nach der langen Anreise das erste Mal aus dem Auto heraus so viel Neues zu sehen, das sogleich so anders war als das Gewohnte zuhause, Europa oder der Westen, war wirklich eine starke Herausforderung für mein Gehirn und meine Emotionen. Wer nach Indien reist, informiert sich natürlich. Auch ich war informiert und wusste sicher einigermaßen was auf mich zukommt. Wenn jedoch die eigenen Augen zum ersten Mal all Das sehen, dann ist es etwas ganz Anderes. Und ich muss zugeben, mein erster Eindruck war ein schwerer.
Die ersten Tage verbrachten wir im Stall bei den Pferden, in unserer super schönen Unterkunft, in einer sicheren Gegend und wenn es nach Draußen ging, hatten wir stets Begleiter an der Seite. Indien hatte nicht nur unglaublich freundliche Menschen zu bieten sondern auch viele kleine Wunder!
Der Pferdemarkt!
An einem sehr heißen Tag sind wir dann zu einem regionalen Pferdemarkt aufgebrochen. Wir fuhren früh los und nach ca. 2,5 Stunden kamen wir an. Es war ein sehr kleiner Ort mitten in der Pampa und ich wusste, spätestens jetzt bin ich wirklich mitten drin. Ich hatte auch schon so eine Ahnung, was mich erwarten würde. Ich stieg aus dem Auto, heiße Luft umfing mich. Die indische Mittagssonne kannte kein Erbamen und brannte auf meinen Kopf und meinen Körper. Wir gingen los. Als ich die ersten Pferde sah, wurde meine „Erwartung“ leider noch übertroffen. Ich musste schlucken. Mehrmals. Versuchte tief durchzuatmen. Mein Puls erhöhte sich, die Sonne brannte gefühlt noch erbarmungsloser und mir wurde heiß und kalt zugleich. Noch nie vorher in meinem Leben hatte ich so einen Anblick direkt vor mir. Mit meiner Kamera in der Hand lief ich weiter. Ich berührte fast jede Pferdenase, hoffte, dass meine Anwesenheit und meine Zärtlichkeiten zumindest für einen kurzen Augenblick, das Leben dieser Tiere bereichern würde. Manche starrte ich auch einfach nur an. Immer wieder stand ich da und konnte die Tränen nicht zurückhalten, versteckte diese aber hinter meiner Kamera, denn ich wollte niemanden mit meinen Gefühlen verletzen. Viele dieser armen Menschen sind sehr stolz auf ihre Tiere, sie geben ihr letztes Brot für sie, sind Familienmitglieder, dennoch reicht es einfach nicht um es annähernd Pferde- bzw. Tiergerecht zu nennen.
Einige Tiere sahen wirklich gut aus. Dem europäischen Bild eines Pferdes sehr nahe kommend. Bei Anderen hingegen hatte ich Angst, sie würden nicht mehr leben oder gleich tot umfallen.
Es war ein Wandeln zwischen Arm und Reich, Trauer und Freude, Elend und Schönheit, Leben und Tod.
Das sollte man wissen!
Während meines Aufenthalts in Indien wurde mir auch viel über die Religionen insbesondere dem dort verbreiten Hinduismus gelehrt.Weltweit ist der Hinduismus mit circa einer Milliarde Gläubigen die drittgrößte Religion nach dem Christentum und Islam, wobei etwa 92 % der Hindus in Indien leben. Diese Glaubensform ist unter Anderem durch seine Verehrung mancher Tiere, vor allem den Kühnen, bekannt. Viele Tiere genießen einen besonders großen Stellenwert, Anerkennung und Verehrung. Zu erwähnen ist auch die Verbreitung von Vegetarismus. Ausnahmslos alle Hindis die ich kennenlernen durfte (und das waren viele) waren Vegetarier. Außerdem gilt das Konzept von “Ahimsa” (Sanskrit) – Nicht-Verletzen bzw. Gewaltlosigkeit – dies ist zentral für Hindus und trägt so seit Jahrtausenden dazu bei, dass Vegetarismus in dieser Religion sehr weit verbreitet ist. Die Gewaltlosigkeit bezieht sich für Gläubige auf Taten, sowie auch auf Worte und Gedanken. Im Hinduismus spielt auch Karma – das Prinzip von Ursache und Wirkung – eine essentielle Rolle. Der Verzehr von Fleisch wird folglich meist als schlechte Handlung betrachtet, die dazu beiträgt, dass ein Mensch aus dem Kreislauf der Wiedergeburten nicht ausbrechen kann.
Es ist mir wichtig, dies zu erwähnen, denn neben dem Leid das Du siehst sollst Du wissen, dass der körperliche Zustand der Pferde nicht gleich auch Schmerz in Form von tätlicher Gewalt bedeuten muss. Ganz viel ist der fehlenden Aufklärung geschuldet. Ausrüstung ist für die Menschen dort in einer ganz anderen Form besonders wichtig. Sie lieben es, ihre Pferde zu bemalen und zu schmücken (das fällt dir sicher auch an einigen Bildern auf). Es ist Henna und manche Pferde oder auch Esel sind kunterbunt bemalt, meist ist die Farbe von Henna auf dem Fell aber bräunlich, fast orange. Siehst Du dir die Bilder der Gebisse an, wirst du vermutlich vor Schmerz das Gesicht verziehen. Es ist dort normal solche Gebisse zu nutzen. Die Menschen, bei denen ich war, leisten in dieser Hinsicht viel Aufklärungsarbeit und zeigen, dass es auch anders geht. Von passenden Sätteln und Geschirren möchte ich gar nicht erst anfangen, denn auch hier sind meist die Mittel nicht vorhanden und so gibt es eben eine Ausrüstung mit denen die Pferde in der Familie zurecht kommen müssen.
Es geht also nicht darum, dass die Pferde misshandelt werden, sondern um fehlende Kenntnisse. Es fehlt an Mitteln für Medizin, es fehlt an Wissen über die richtige Fütterung und es fehlt an Geld für tierärztliche Behandlungen.
Urteilst Du oder betrittst Du die Grauzone?
Ich möchte nichts schön reden, aber ich möchte auch nicht, dass alles was man sieht, sofort vernichtend verurteilt wird. Alles hat zwei Seiten und zwischen schwarz und weiß ist noch ganz viel grau welches es zu ergründen und zu hinterfragen gibt.
Mit diesen Bildern möchte ich Dir die Gelegenheit geben, nachzudenken.
Nachzudenken, ob wirklich alles was wir als schlimm empfinden, auch wirklich so schlimm ist. Ob unsere Denkweise auch einmal ausgeschaltet werden darf um etwas Anderes vielleicht verstehen zu können. Hierbei zählt ja auch schon der Wille. Und, dürfen wir das überhaupt oder müssen wir sowas sofort verurteilen?
Mir ist dort auf dem Pferdemarkt mitten in Indien eins klar geworden: Wenn man diese Menschen verurteilt, weil ihnen das Wissen oder die Mittel fehlen, sie eine andere Einstellung oder Schmerzgrenze haben, dann ist das für mich gleichzusetzen als ob ich diese Menschen für ihre Religion oder ihre Kultur verurteilen würde. Ein Urteil ist immer etwas endgültiges. Wer allerdings nachfrägt, ins Gespräch kommt, sich damit beschäftigt, wird sicher viel mehr bewirken und bewegen als jemand der einfach urteilt. Das macht es nicht besser sondern schafft auf beiden Seiten einen cut und man hat keine Chance mehr, etwas zu verändern.
Ich bin gespannt, welche Botschaft Dir diese Bilder vermitteln und welche Emotionen du beim ansehen der Bilder empfindest und was denkst du am Ende darüber?
Bitte schreib mir gern eine Nachricht dazu!